Dokument lesen
GRÜNE - Berliner Programm
Grundsatzprogramm vom 17.03.2002 PDF
#2395
Fenster schließen und zurück
Wir wollen Militärbündnisse und nationale Armeen in diese gesamteuropäische Ordnung einbinden und überführen.
#2396Es ist gemeinsame Aufgabe der Europäischen Union und der verschiedenen multilateralen Organisationen, eine solche gesamteuropäische Friedens- und Sicherheitsordnung zu verwirklichen.
#2397Stärkung und Ausbau der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sind dafür ein entscheidender Ausgangspunkt, denn in ihr sind alle europäischen Staaten einschließlich Russlands wie auch die USA und Kanada vertreten.
#2398Die Entscheidungsmechanismen der OSZE müssen aber auch gewährleisten, dass eine effektive Einwirkung in aktuellen Krisensituationen nicht von einzelnen Staaten blockiert werden kann.
#2399In dem Maße, in dem die Normen der OSZE und der Charta von Paris den Rahmen der OSZE ausfüllen und das Innere aller Mitgliedstaaten prägen, entwickelt sich die OSZE zu einem Rechtsraum und einem Raum des Friedens.
#2400Eine stabile gesamteuropäische Friedensordnung im OSZERahmen setzt eine selbstbewusste und handlungsfähige EU voraus, die in enger Kooperation mit den USA und Russland zu ei- Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ner dauerhaften Friedensordnung in der ganzen Welt beiträgt.
#2401Die Integration im transatlantischen Bündnis samt dem dauerhaften amerikanischen Engagement in Europa spielt daher ebenfalls eine wichtige Rolle.
#2402Ein weiterer Abbau militärischer Potenziale muss dabei unser Ziel bleiben.
#2403Jedoch darf das transatlantische Verhältnis nicht auf die Zusammenarbeit im militärischen Teil der Nordatlantischen Vertragsorganisation (NATO) fixiert bleiben.
#2404Das Bündnis bedarf nach dem Ende der Blockkonfrontation einer Reform, die durchaus die Perspektive einer Neugestaltung beinhalten kann.
#2405Wir sehen in der Einbindung der USA in multinationale Organisationen eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die USA trotz ihrer internationalen Sonderrolle als gleichberechtigter Partner in der Staatengemeinschaft mitwirken.
#2406Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union muss von einer ganzheitlichen Vorstellung von Sicherheit ausgehen, die viel mehr als traditionelle Verteidigungspolitik umfasst, sie muss an den Zielen des Friedens und der Verwirklichung der Menschenrechte ausgerichtet und zu einem effizienten Krisenmanagement in der Lage sein.
#2407Im Zentrum der außenpolitischen Anstrengungen müssen die Vorbeugung und friedliche Bewältigung von Krisen stehen.
#2408Dazu gehören Anstrengungen der Europäischen Union, sich auf die Unterstützung von Einsätzen der UNO im Rahmen der Krisenprävention, Friedensbewahrung und -herstellung vorzubereiten.
#2409Wir wollen aber nicht, dass die Bildung gemeinschaftlicher Eingreiftruppen zur Schaffung einer neuen militärischen Großmacht Europäische Union führt.
#2410Die EU-Sicherheitsidentität kann nicht auf die vorhandenen Potenziale atomarer Arsenale gegründet werden.
#2411Wir wollen, dass ein umfassendes, gemeinschaftliches Konzept der Europäischen Union für alle Bereiche der internationalen Politik entwickelt wird.
#2412Deshalb unterstützen wir die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU.
#2413Gerade auch in diesem wichtigen Feld ist ein Ausbau der demokratischen Kontrolle durch das Europäische Parlament unabdingbar.
#2414Die Anwendung militärischer Kriegsgewalt bedeutet Leid und Zerstörung und bleibt unabhängig von ihren Zielen ein großes Übel.
#2415Eingesetzt wurde Militär bisher meist im Dienste staatli- 161 Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN cher Macht- und Interessenpolitik.
#2416Militärfixierte Sicherheitspolitik geht einher mit permanenter Aufrüstung und enormer Ressourcenverschwendung auf Kosten sozialer und nachhaltiger Entwicklung.
#2417Militärisches Dominanzstreben fördert asymmetrische Reaktionen.
#2418Geschichtliche und aktuelle Erfahrungen mit Militär, Rüstung und Krieg begründen, warum wir jede Militärfixiertheit und militärgestützte Machtpolitik ablehnen.
#2419Zugleich ist Militär im Rahmen des Völkerrechts ein legitimes Organ staatlicher und globaler Sicherheitspolitik.
#2420Im Rahmen des UN-Systems kann Militär in sehr unterschiedlicher Weise eingesetzt werden: bei Rüstungskontrolle und Vertrauensbildung, zur Krisenprävention und Friedenskonsolidierung, bei Zwangsmaßnahmen vom Embargo bis zu kriegerischer Gewalt.
#2421Friedensbewahrende Einsätze waren immer wieder unverzichtbar, um militärische Gewalt einzudämmen, zu verhüten und damit die ersten Voraussetzungen für Friedensprozesse zu schaffen.
#2422Die Staatengemeinschaft kann nach Autorisierung durch den UN-Sicherheitsrat mit Zwangsmaßnahmen bis zu kriegerischer Militärgewalt gegen Bedrohungen der internationalen Sicherheit und des Weltfriedens vorgehen.
#2423Völkermord und Massenvertreibungen kristallisieren sich als weitere Ausnahmetatbestände vom internationalen Gewaltverbot heraus.
#2424Uns bleibt bewusst: Unabhängig von ihrer völkerrechtlichen Legalität ist solche Art militärischer „Friedenserzwingung“ aber immer äußerst problematisch, weil hoch riskant, besonders kostspielig und in den Folgen fragwürdig.
#2425Sie ist ein tückisches Mittel und verlangt von der Politik ein Höchstmaß an Verantwortungsbewusstsein und Zurückhaltung.
Fenster schließen und zurück
Anzeige: