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GRÜNE - Berliner Programm
Grundsatzprogramm vom 17.03.2002 PDF
#2409
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Wir wollen aber nicht, dass die Bildung gemeinschaftlicher Eingreiftruppen zur Schaffung einer neuen militärischen Großmacht Europäische Union führt.
#2410Die EU-Sicherheitsidentität kann nicht auf die vorhandenen Potenziale atomarer Arsenale gegründet werden.
#2411Wir wollen, dass ein umfassendes, gemeinschaftliches Konzept der Europäischen Union für alle Bereiche der internationalen Politik entwickelt wird.
#2412Deshalb unterstützen wir die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU.
#2413Gerade auch in diesem wichtigen Feld ist ein Ausbau der demokratischen Kontrolle durch das Europäische Parlament unabdingbar.
#2414Die Anwendung militärischer Kriegsgewalt bedeutet Leid und Zerstörung und bleibt unabhängig von ihren Zielen ein großes Übel.
#2415Eingesetzt wurde Militär bisher meist im Dienste staatli- 161 Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN cher Macht- und Interessenpolitik.
#2416Militärfixierte Sicherheitspolitik geht einher mit permanenter Aufrüstung und enormer Ressourcenverschwendung auf Kosten sozialer und nachhaltiger Entwicklung.
#2417Militärisches Dominanzstreben fördert asymmetrische Reaktionen.
#2418Geschichtliche und aktuelle Erfahrungen mit Militär, Rüstung und Krieg begründen, warum wir jede Militärfixiertheit und militärgestützte Machtpolitik ablehnen.
#2419Zugleich ist Militär im Rahmen des Völkerrechts ein legitimes Organ staatlicher und globaler Sicherheitspolitik.
#2420Im Rahmen des UN-Systems kann Militär in sehr unterschiedlicher Weise eingesetzt werden: bei Rüstungskontrolle und Vertrauensbildung, zur Krisenprävention und Friedenskonsolidierung, bei Zwangsmaßnahmen vom Embargo bis zu kriegerischer Gewalt.
#2421Friedensbewahrende Einsätze waren immer wieder unverzichtbar, um militärische Gewalt einzudämmen, zu verhüten und damit die ersten Voraussetzungen für Friedensprozesse zu schaffen.
#2422Die Staatengemeinschaft kann nach Autorisierung durch den UN-Sicherheitsrat mit Zwangsmaßnahmen bis zu kriegerischer Militärgewalt gegen Bedrohungen der internationalen Sicherheit und des Weltfriedens vorgehen.
#2423Völkermord und Massenvertreibungen kristallisieren sich als weitere Ausnahmetatbestände vom internationalen Gewaltverbot heraus.
#2424Uns bleibt bewusst: Unabhängig von ihrer völkerrechtlichen Legalität ist solche Art militärischer „Friedenserzwingung“ aber immer äußerst problematisch, weil hoch riskant, besonders kostspielig und in den Folgen fragwürdig.
#2425Sie ist ein tückisches Mittel und verlangt von der Politik ein Höchstmaß an Verantwortungsbewusstsein und Zurückhaltung.
#2426Insgesamt gilt, dass Militär im besten Fall Voraussetzungen für Friedensprozesse absichern, aber keinen Frieden schaffen kann.
#2427Als Mitglied der Vereinten Nationen, der OSZE, der EU und der NATO ist die Bundesrepublik verpflichtet, ihren angemessenen Beitrag zur kollektiven Sicherheit und zum Erhalt des Weltfriedens zu leisten.
#2428Die Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Friedens ist nach klaren und engen Kriterien zu entscheiden: Mittel nicht-militärischer Krisen- und Konfliktbewältigung haben Vorrang und müssen ausgeschöpft werden.
#2429Der Einsatz muss in Übereinstimmung mit der Charta und mit einem Mandat der Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vereinten Nationen nach Kapitel VI oder VII der UN Charta erfolgen und multinational getragen werden.
#2430Die laufende Information über den multinationalen Gesamteinsatz und die deutsche Einflussmöglichkeit auf dessen Umfang, Dauer und eingesetzte militärische Mittel müssen gesichert sein.
#2431Er muss in ein klares und schlüssiges politisches Konzept für die Konfliktlösung eingebunden sein.
#2432Die Bundeswehr darf nicht im Kontext klassischer Interventionen eingesetzt werden.
#2433Ziel und Grenzen des Einsatzes bedürfen der Zustimmung des Bundestages.
#2434Einschränkungen dieses Parlamentsvorbehaltes lehnen wir ab.
#2435Wir streben an, dass der Bundestag durch Verfassungsänderung dafür eine Zweidrittelmehrheit festsetzt.
#2436Wir treten dafür ein, dass Deutschland bei seiner Mitwirkung in NATO und EU/WEU auf die Stärkung kollektiver Sicherheit drängt.
#2437Durch seine Mitwirkung an der Verteidigung des Territoriums der NATO-Staaten trägt es seinen Bündnisverpflichtungen Rechnung.
#2438Wir lehnen es ab, dass die militärische Zusammenarbeit in der NATO zu einem Instrument globaler Ordnungspolitik in Konkurrenz mit den Aufgaben der Vereinten Nationen gemacht wird.
#2439Der Gefahr eines potenziellen Ungleichgewichtes durch eine hochgerüstete NATO ist entgegenzuwirken.
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