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GRÜNE - Berliner Programm
Grundsatzprogramm vom 17.03.2002 PDF
#2423
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Völkermord und Massenvertreibungen kristallisieren sich als weitere Ausnahmetatbestände vom internationalen Gewaltverbot heraus.
#2424Uns bleibt bewusst: Unabhängig von ihrer völkerrechtlichen Legalität ist solche Art militärischer „Friedenserzwingung“ aber immer äußerst problematisch, weil hoch riskant, besonders kostspielig und in den Folgen fragwürdig.
#2425Sie ist ein tückisches Mittel und verlangt von der Politik ein Höchstmaß an Verantwortungsbewusstsein und Zurückhaltung.
#2426Insgesamt gilt, dass Militär im besten Fall Voraussetzungen für Friedensprozesse absichern, aber keinen Frieden schaffen kann.
#2427Als Mitglied der Vereinten Nationen, der OSZE, der EU und der NATO ist die Bundesrepublik verpflichtet, ihren angemessenen Beitrag zur kollektiven Sicherheit und zum Erhalt des Weltfriedens zu leisten.
#2428Die Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Friedens ist nach klaren und engen Kriterien zu entscheiden: Mittel nicht-militärischer Krisen- und Konfliktbewältigung haben Vorrang und müssen ausgeschöpft werden.
#2429Der Einsatz muss in Übereinstimmung mit der Charta und mit einem Mandat der Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vereinten Nationen nach Kapitel VI oder VII der UN Charta erfolgen und multinational getragen werden.
#2430Die laufende Information über den multinationalen Gesamteinsatz und die deutsche Einflussmöglichkeit auf dessen Umfang, Dauer und eingesetzte militärische Mittel müssen gesichert sein.
#2431Er muss in ein klares und schlüssiges politisches Konzept für die Konfliktlösung eingebunden sein.
#2432Die Bundeswehr darf nicht im Kontext klassischer Interventionen eingesetzt werden.
#2433Ziel und Grenzen des Einsatzes bedürfen der Zustimmung des Bundestages.
#2434Einschränkungen dieses Parlamentsvorbehaltes lehnen wir ab.
#2435Wir streben an, dass der Bundestag durch Verfassungsänderung dafür eine Zweidrittelmehrheit festsetzt.
#2436Wir treten dafür ein, dass Deutschland bei seiner Mitwirkung in NATO und EU/WEU auf die Stärkung kollektiver Sicherheit drängt.
#2437Durch seine Mitwirkung an der Verteidigung des Territoriums der NATO-Staaten trägt es seinen Bündnisverpflichtungen Rechnung.
#2438Wir lehnen es ab, dass die militärische Zusammenarbeit in der NATO zu einem Instrument globaler Ordnungspolitik in Konkurrenz mit den Aufgaben der Vereinten Nationen gemacht wird.
#2439Der Gefahr eines potenziellen Ungleichgewichtes durch eine hochgerüstete NATO ist entgegenzuwirken.
#2440Einsätze des Bündnisses zur Sicherung von „nationalen Interessen” wie Rohstoffzufuhr und Handelswege oder im Dienste einer klassischen Hegemonialpolitik lehnen wir ab und folglich auch eine Beteiligung der Bundeswehr an derartigen Einsätzen.
#2441Das Bündnis kann auch nicht selbstmandatiert weltweit Einsätze zur humanitären Intervention betreiben.
#2442Dagegen kann sich die Bundeswehr an internationalen Einsätzen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Friedens, die mit einem Mandat der Vereinten Nationen durchgeführt werden, beteiligen.
#2443Durch ihre Beteiligung an solchen Einsätzen und ständig verfügbaren Kräften unter dem Mandat der Vereinten Nationen trägt die Bundesrepublik dazu bei, die Handlungsfähigkeit internationaler Organisationen zu stärken und ihnen die Durchführung ihrer Aufgaben zu erleichtern.
#2444Wir sind für einen Ausstieg aus Wehr- und Zivildienst.
#2445Der Grundrechtseingriff der Wehrpflicht ist angesichts der grundlegend veränderten Aufgaben der Bundeswehr nicht mehr legitimierbar.
#2446Ihr Umbau zu einer reduzierten Freiwilligenarmee muss so gestaltet werden, dass die Integration der Streitkräfte in der 163 Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gesellschaft gewahrt, Gefahren eines Interventionismus vorgebeugt und der Wegfall des Zivildienstes sozial aufgefangen wird.
#2447Außenpolitik als Friedenspolitik macht es erforderlich, wirksame Strategien und Instrumente zur Vorbeugung gegen und zur rechtzeitigen Bearbeitung von Gewalt in zwischen- und innerstaatlichen Konflikten zu entwickeln.
#2448Prävention hat viele Aspekte, wie die Förderung eines gerechten internationalen Interessenausgleichs, die Verrechtlichung der internationalen Beziehungen, die Einhaltung der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts, die Respektierung der Menschenrechte, die Förderung der Demokratie, Institutionenbildung, Rüstungsbegrenzung, Abrüstung, Beschränkung des Rüstungsexports und Vertrauensbildung.
#2449Staaten, die an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind, dürfen keine Rüstungsexporte und keine Militär- und Ausstattungshilfe erhalten.
#2450Wir treten für Transparenz bei den Entscheidungsverfahren für Rüstungsexporte ein.
#2451Darüber hinaus streben wir den Ausstieg aus den Rüstungsexporten an.
#2452Eine Politik der Gewaltprävention muss dem Grundsatz Rechnung tragen, dass eine Vermeidung von militärischen Auseinandersetzungen und Menschenrechtsverletzungen nur durch einen frühzeitigen, weitsichtigen und gewaltfreien Umgang mit Konflikten und Initiativen zur Überwindung der Konfliktursachen möglich ist.
#2453Dazu gehören die Gewährung angemessener Mittel für eine an der Beseitigung von Krisenursachen orientierte Entwicklungspolitik und die Bereitstellung und angemessene Ausbildung von Personal für internationale Missionen der Vereinten Nationen und OSZE sowie für Dialogprozesse nicht staatlicher Akteure.
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