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LINKE - Programmatische Eckpunkte
Grundsatzprogramm vom 23.10.2011 PDF
#181
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Viele Ostdeutsche setzten sich nach 1945 für den Aufbau 12 Woher wir kommen, wer wir sind einer besseren Gesellschaftsordnung und für ein friedliebendes, antifaschistisches Deutschland ein.
#182Mit der Verstaatlichung der Großindustrie, von Banken und Versicherungen sowie mit der Bodenreform wurden Eigentumsverhältnisse geschaffen, die eine Ausrichtung der wirtschaftlichen Tätigkeit auf das Gemeinwohl und den Schutz der Beschäftigten vor Ausbeutung sichern sollten.
#183Im April 1946 wurde die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands gegründet.
#184Der Zusammenschluss von KPD und SPD war eine Lehre aus der jahrzehntelangen Spaltung der Arbeiterbewegung und wurde auch mit dem gemeinsamen Widerstand von Mitgliedern der SPD und KPD gegen den Faschismus begründet.
#185Die große Mehrheit der Mitglieder von KPD und SPD waren für diesen notwendigen Zusammenschluss.
#186Der Zusammenschluss war aber auch mit Druck verbunden.
#187Vor allem Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, welche ihm Widerstand entgegensetzten, wurden verfolgt.
#188Zu den Erfahrungen der Menschen im Osten Deutschlands zählen die Beseitigung von Erwerbslosigkeit und die wirtschaftliche Eigenständigkeit der Frauen, die weitgehende Überwindung von Armut, ein umfassendes soziales Sicherungssystem, ein hohes Maß an sozialer Chancengleichheit im Bildungsund Gesundheitswesen und in der Kultur sowie die Umstrukturierung der Landwirtschaft in genossenschaftliche und staatliche Betriebe.
#189Das Prinzip »Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen« war Staatsräson.
#190Auf der anderen Seite standen Erfahrungen staatlicher Willkür und eingeschränkter Freiheiten, wie der Aufbau eines staatlichen Überwachungsapparates gegen die eigene Bevölkerung.
#191Wichtige Reformansätze wurden nach kurzer Zeit immer wieder autoritär abgewürgt.
#192Die Demokratie blieb auf der Strecke, und eine ökologische Orientierung hatte wenig Chancen.
#193Die Zentralisation der ökonomischen Entscheidungen und die bürokratisierte Form der Planung und Leitung der Volkswirtschaft sowie die weitgehende Einschränkung betrieblicher Selbstständigkeit führten langfristig zu einem Zurückbleiben der Innovationsund Leistungsfähigkeit.
#194Damit sank die Anziehungskraft des ökonomischen Modells der DDR.
#195Es ist deutlich geworden: Ein Sozialismusversuch, der nicht von der großen Mehrheit des Volkes demokratisch gestaltet, sondern von einer Staatsund Parteiführung autoritär gesteuert wird, muss früher oder später scheitern.
#196Ohne Demokratie kein Sozialismus.
#197Deshalb formulierten die Mitglieder der SED/PDS auf einem außerordentlichen Parteitag im Herbst 1989: »Wir brechen unwiderruflich mit dem Stalinismus als System«.
#198Dieser Bruch mit dem Stalinismus gilt für DIE LINKE ebenso.
#199Die Geschichte der DDR, auch die der SED, auf den Stalinismus zu verkürzen, ist jedoch unhistorisch und unwahr.
#200Auch in der DDR gab es in unterschiedlichen Etappen eine lebendige Sozialismus-Diskussion, eine reiche kulturelle und geistige Landschaft, großartige Filme, Romane, bildende Künste, Musik und eine engagierte Vermittlung von Kunst, Kultur und Bildung in die Bevölkerung.
#201Der Bruch mit dem Stalinismus betrifft nicht nur den Osten, sondern hat auch für den Westen hohe Bedeutung.
#202Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung sind unverzichtbar.
#203Teile der Bürgerbewegung der DDR, darunter auch Reformerinnen und Reformer innerhalb der SED, setzten sich im Herbst 1989 für einen friedlichen, demokratischen, sozialen und ökologischen Aufbruch und einen politischen Woher wir kommen, wer wir sind 13 Wandel zu einem besseren Sozialismus ein.
#204Doch 1990 scheiterte dieses Projekt.
#205Es gelang ebenso wenig, eine demokratische Neubegründung des vereinigten Deutschlands durchzusetzen.
#206Aus dem demokratischen Aufbruch im Osten wurden ein bloßer Beitritt und ein für viele Menschen schmerzlicher sozialer Absturz.
#207Auf der einen Seite gab es einen Zugewinn an demokratischen Rechten, individueller Freiheit, rechtsstaatlicher Sicherheit und internationaler Öffnung, auf der anderen Seite einen wirtschaftlichen und sozialen Niedergang vieler ostdeutscher Regionen und die Aneignung ostdeutschen Staatseigentums durch nationale und internationale Konzerne mit Hilfe der Treuhandanstalt.
#208Im vereinten Deutschland wurden die Errungenschaften und Erfahrungen der Ostdeutschen kaum genutzt.
#209In einem schwierigen und selbstkritischen Prozess ging aus der ehemaligen SED die Partei des Demokratischen Sozialismus hervor.
#210Sie behauptete sich als unabhängige Kraft und erstarkte, je mehr sie sich der konkreten Probleme der Menschen vor Ort annahm und für demokratische Lösungen stritt.
#211Wesentlicher Bestandteil dieses Engagements war der Anspruch, Interessen der Menschen in Ostdeutschland politisch zu vertreten.
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