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LINKE - Programmatische Eckpunkte
Grundsatzprogramm vom 23.10.2011 PDF
#239
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Der Kapitalismus hat in den Jahrhunderten seiner Existenz unermesslichen Reichtum hervorgebracht und in vielen Ländern den Wohlstand großer Teile der Bevölkerung erhöht.
#240Zugleich bleiben Milliarden Menschen von diesem Reichtum ausgeschlossen.
#241Die soziale Ungleichheit ist größer geworden, die Kluft zwischen Armut und Reichtum klafft immer weiter auseinander.
#242Das gilt national und erst recht international.
#243Die Krisen der kapitalistischen Marktwirtschaft haben Massenerwerbslosigkeit, Einkommensverluste und Sozialstaatsabbau zur Folge.
#244Zwar hat der Kapitalismus die technologischen Voraussetzungen geschaffen, um Armut für immer zu überwinden.
#245Doch er zementiert eine Weltordnung, in der alle fünf Sekunden ein Kind verhungert und mehr als eine Milliarde Menschen zu wenig zu essen und keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben.
#246Auch in der westeuropäischen Nachkriegsentwicklung lässt sich diese Widersprüchlichkeit finden.
#247Die Idee einer »sozialen Marktwirtschaft« war eine Antwort auf den Schock von Krise, Faschismus und Krieg und resultierte daher aus den Erfahrungen mit einem entfesselten, barbarischen Kapitalismus.
#248Sie war die Antwort auf die Kämpfe starker Gewerkschaften, antikapitalistischer Bewegungen und sozialdemokratischer, sozialistischer und kommunistischer Parteien.
#249Auch die Existenz des »sozialistischen Lagers« war eine Herausforderung, auf die mit sozialstaatlichen Zugeständnissen reagiert wurde.
#250Soziale Sicherungssysteme wurden ausgebaut, demokratische Rechte ausgeweitet, der Wohlstand stieg.
#251Mit dem Wegfall der Systemkonkurrenz hat sich das Kräfteverhältnis zwischen Krisen des Kapitalismus – Krisen der Zivilisation 15 Arbeit und Kapital zu Ungunsten der abhängig Beschäftigten verändert.
#252Die »soziale Marktwirtschaft« stellte einen Kompromiss zwischen Lohnarbeit und Kapital dar, der die Herrschaft des Kapitals nicht in Frage stellte.
#253Das Modell funktionierte, solange schnelle Produktivitätsfortschritte und hohe Wachstumsraten die Profite der großen Unternehmen stabilisierten und starke gewerkschaftliche und demokratische Gegenmächte existierten.
#254Der Kompromiss zwischen Lohnarbeit und Kapital beseitigte weder den Raubbau an der Natur noch die patriarchalen Verhältnisse im Öffentlichen und Privaten.
#255Die Wirtschaftskrise der1970er Jahre markiert das Ende dieser »goldenen Jahre« hohen Wachstums.
#256Der Kapitalismus kehrte zu seiner Normalität zurück, einschließlich periodisch auftretender Krisenund Stagnationsphasen.
#257Die Zahl der aus dem Erwerbsleben Ausgegrenzten stieg und verfestigte sich zu struktureller Massenerwerbslosigkeit.
#258Die gewonnene wachsende Individualität vieler Menschen wurde zunehmend zu Individualismus in der Konkurrenz gegeneinander.
#259Mit wachsenden Erwerbslosenzahlen und schwächer werdenden Gewerkschaften und politischen Gegenkräften wurden die Ansprüche der Kapitaleigner wieder aggressiver.
#260Sie wurden untermauert durch die wachsende Macht der Konzerne, deren Erpressungspotenzial durch zunehmende Aktivitäten auf dem internationalen Markt stark gestiegen war.
#261Sie konnten die Politik »ins Schlepptau« nehmen, und die hat es mit sich geschehen lassen.
#262Patriarchale Unterdrückung und Arbeitsteilung Zu Beginn des 21. Jahrhunderts finden wir eine Gesellschaft vor, in der einige wenige sich auf Kosten vieler bereichern, in der wenige über das Leben und die Zeit der vielen bestimmen, in der die Jagd nach Profit alle Lebensbereiche erfasst hat und in der Frauen noch immer unter alten Unterdrückungsverhältnissen leben.
#263Die Grundlagen dieser Verhältnisse, die Fundamente von Kapitalismus und Patriarchat beginnen mit der Geschichte der Arbeit und ihrer Verteilung.
#264Mit zunehmender Teilung der Arbeit konnte effektiver und mehr produziert werden und umgekehrt, die gestiegene Produktivität ermöglichte weitere Arbeitsteilung: Eine entscheidende Arbeitsteilung war die der Teilung in »Frauen-« und »Männerarbeit«.
#265Dabei wurden Männer in Produktionen tätig, in denen der technische Fortschritt vorangetrieben wurde, die zunehmend außerhäuslich in eigenen Produktionsstätten erfolgten und Einkommen ermöglichten, während Frauen die Arbeiten rund ums Haus und die Verantwortung für die Sorge und Pflege aller Familienmitglieder zugewiesen wurden, also Arbeiten ohne Einkommen.
#266Bis heute erfährt die traditionelle »Männerarbeit« eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung, während Arbeit, die traditionell als »Frauenarbeit« gilt, weniger geschätzt und gar nicht oder schlechter entlohnt wird.
#267Mit zunehmender Produktivität wurde es möglich, eine immer größere Zahl von Menschen von der Gemeinschaft mit zu versorgen.
#268Zugleich aber gelang es einem Teil, sich die Arbeit anderer nutzbar zu machen, über deren Zeit zu verfügen, ihnen Tätigkeiten vorzuschreiben und somit Klassenund Herrschaftsverhältnisse zu begründen.
#269Diese hierarchische Arbeitsteilung wurde zur Voraussetzung der Unterdrückung der Frauen.
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