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GRÜNE - Berliner Programm
Grundsatzprogramm vom 17.03.2002 PDF
#2192
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konomische, kulturelle oder informationelle Systeme vernetzen sich über die ganze Erde; wir leben und handeln immer weniger in Nationalstaaten und Nationalgesellschaften, die Konturen einer Weltgesellschaft bilden sich heraus.
#2193Globalisierung eröffnet die große historische Chance, die alte humanistische Idee zu verwirklichen: die Menschheit sieht sich in weltweiter Verantwortung und in Solidarität füreinander – und handelt auch so.
#2194In diesem Sinne sind auch die Grünen Teil einer Bewegung, die aus dem Bewusstsein der Globalisierung und aus der Sorge um deren weltweite ökologische und soziale Folgen entstanden ist.
#2195Aber die heutige Art der Globalisierung schafft keine bessere Welt.
#2196Die ökonomische Logik mit Wachstum und Profit hat generell Vorfahrt.
#2197Das rabiate „Primat der Wirtschaft“ verschlechtert soziale und ökologische Bedingungen überall auf der Erde.
#2198In den Ländern des Südens wurden die Probleme nicht gelöst, sondern Verarmung, Hungersnöte, Umweltzerstörung, Katastrophen und vielfache soziale und kulturelle Entwurzelung wurden immer schlimmer.
#2199Eine Weltökonomie, unter der weiterhin 800 Millionen Menschen unter chronischer Unterernährung leiden und die für weitere zwei Milliarden die Ernährung nicht dauerhaft sicherstellt, versagt offensichtlich.
#2200Richtig ist: Die Globalisierung allein hat nicht alle „Übel“ der Welt verursacht.
#2201Aber sie hat zu starken ökonomischen und sozialen Verwerfungen geführt und negative Entwicklungen erheblich verstärkt.
#2202Nicht nur im „Süden“, auch in den industrialisierten Ländern wirft die neoliberale Globalisierung bedrohliche Schatten.
#2203Auch hier geht die Schere zwischen Arm und Reich auseinander, werden Arbeitsverhältnisse prekär und unsicher, werden immer mehr Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Menschen, insbesondere Frauen, aus der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Teilhabe herausgedrängt, ist der soziale Friede gefährdet.
#2204Weil wir eine Welt der globalen Solidarität und Verantwortung wollen, sagen wir Nein zu einer Globalisierung, die die Welt zur Ware macht.
#2205Der reinen Logik der wirtschaftlichen Verwertung und des Wachstums müssen Grenzen gesetzt werden.
#2206So darf das Recht auf ausreichende Ernährung, auf gesundes Wasser und intakte Umweltbedingungen nirgends und nie der Logik des wirtschaftlichen Gewinns untergeordnet werden.
#2207Um die Lebensinteressen der betroffenen Menschen und deren Umwelt in den Blickpunkt zu rücken, haben Nichtregierungsorganisationen wichtige und entscheidende Impulse gegeben.
#2208Ihre aktive Einmischung in die Gestaltung der Globalisierung begrüßen und unterstützen wir auch in Zukunft.
#2209Die Handlungsmöglichkeiten der Nationalstaaten zur Steuerung versagen mehr und mehr gegenüber der grenzüberschreitenden Ökonomie.
#2210Es ist an der Zeit, internationale Rahmenbedingungen zu schaffen, die den wirtschaftlichen Verwertungszwängen entgegenwirken und der Macht der internationalen Finanzmärkte und weltweit agierender Unternehmen Grenzen setzen.
#2211Die entfesselte globalisierte Ökonomie gilt es zu bändigen und zu regulieren.
#2212Die demokratisch legitimierte weltweite Regulierung der Globalisierung durchzusetzen, ist eine der wichtigsten Aufgaben der Politik.
#2213Die UN sind der Bezugspunkt, um der ungezügelten Globalisierung von Wirtschaft und Finanzmärkten einen sozialen, ökologischen und menschlichen Rahmen zu geben.
#2214Die mit Umwelt-, Sozial- und Entwicklungspolitik befassten UN-Organisationen wie UNEP, ILO und UNDP müssen gestärkt, internationale Vereinbarungen weiterentwickelt und Institutionen wie ein „Rat für nachhaltige Entwicklung“ geschaffen werden.
#2215Unter dem Dach der UN haben die Entwicklungsländer gleichberechtigt teil an der Gestaltung von Globalisierungsprozessen und findet die Zivilgesellschaft angemessene Berücksichtigung.
#2216Die internationale Staatengemeinschaften muss sich auf Regeln des Welthandels und der Finanztransfers verständigen, die den Geboten ökologischer Nachhaltigkeit, sozialer Gerechtigkeit und des Ausgleichs zwischen Arm und Reich weltweit wie inner- 147 Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN halb der Gesellschaften eindeutig Vorrang geben.
#2217Eine internationale Wettbewerbs- und Investitionsordnung muss die strukturelle Benachteiligung und die ungerechten Warenaustauschverhältnisse der Länder des „Südens“ in der Weltökonomie abbauen helfen.
#2218Schulden dieser Länder sind weiter zu streichen und ein Teil der ersparten Gelder wirksam und überprüfbar der Armutsbekämpfung zuzuführen; ein sozial-ökologischer Lastenausgleich aus den Industrieländern ist zu schaffen, der die Verantwortung für die in der Vergangenheit und Gegenwart angehäuften, finanziellen, sozialen und ökologischen „Schulden“ anerkennt und ein wenig zur Wiedergutmachung beiträgt.
#2219Ein wichtiger Schritt hin zu einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung ist der Abbau der Zollschranken in den Industrieländern.
#2220Mittel zur Regulierung der Globalisierung können die Besteuerung von Devisentransaktionen (Tobin-Steuer) und die Abschaffung der so genannten Steueroasen sein, um spekulative internationale Finanztransfers einzudämmen.
#2221Darüber hinaus geht es uns um die Weiterentwicklung und Neuausrichtung der internationalen Institutionen wie WTO, IWF und Weltbank.
#2222Wir fordern mehr Transparenz und Offenheit und bessere Einflussmöglichkeiten der Länder des Südens.
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